Das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) im Kindesalter ist eine häufig postinfektiös auftretende multifokale Demyelinisierung und/oder axonale Schädigung im Bereich der Rückenmarkswurzeln und der peripheren Nerven. Als Ursache wird ein autoimmunologischer Prozess angenommen. Die Erkrankung beginnt typischerweise akut oder subakut mit symmetrisch aufsteigenden Paresen mit abgeschwächten oder erloschenen Muskeleigenreflexen. Bei einem Teil der Patienten entwickelt sich eine Hirnnervenbeteiligung, zum Teil auch eine vegetative Symptomatik. In schwerwiegenden Fällen führt die aufsteigende Parese zu einer Ateminsuffizienz. Eine seltene Variante des GBS stellt das Miller-Fisher-Syndrom (MFS) dar, charakterisiert durch die klinische Trias einer Hirnnervenparese, Ataxie und Areflexie.

Wir berichten über einen Fall mit initial vorliegender isolierter Okulomotoriusparese und erst im Verlauf typischer Symptomatik eines GBS. Das 4-jährige Mädchen wurde mit einer akut aufgetretenen isolierten Okulomotoriusparese rechts mehr als links vorgestellt. Zu diesem Zeitpunkt bestand eine abklingende Varizelleninfektion. Es fanden sich zunächst keine weiteren neurologischen Auffälligkeiten, insbesondere keine Ataxie, keine Paresen und keine Areflexie. Dann zunehmende Weinerlichkeit, Gehverweigerung und ab Tag 5 war eine deutliche Parese hüftabwärts bds. mit Areflexie festzustellen. Im Liquor zeigte sich ein unauffälliger Befund ohne zytoalbuminäre Dissoziation. Elektrophysiologisch zeigten sich nicht auslösbare F-Wellen sowie ein ausgefallener H-Reflex (N. tibialis bds.). Somit waren der elektrophysiologische Befund und die aktuelle Klinik passend zu einer akuten Störung der motorischen Vorderhornzellen. Passend dazu auch in der spinalen Kernspintomografie eine Polyradikulitis. Unter i.v.-Immunglobulinen war über ca. eine Woche wenig Veränderung festzustellen (Plateauphase), im weiteren Verlauf besserte sich die Parese stetig mit am Tag 19 Wiedererlangen der Stehfähigkeit mit Unterstützung.

Mit unserem Fallbericht zeigen wir, dass eine isolierte Hirnnervenparese, in unserem Fall eine isolierte Okulomotoriusparese, im Verlauf in ein Guillain-Barré-Syndrom (GBS) münden kann.


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