Unsere Begrifflichkeit
Kind und Kindheit sind zentrale Begriffe des Schwerpunktfaches Neuropädiatrie.
Wir erleben die medizinischen Möglichkeiten und neuen Horizonte, die die Neuropädiatrie eröffnet – mit Faszination, Respekt und einem kritischen Bewusstsein für die eigenen Grenzen.
Die Unmittelbarkeit, das Unverfälschte, das Direkte von Kindern spricht uns an und motiviert uns, das Beste am besten möglich zu machen.
Wir verstehen Ethik als Ethik für Kinder – handle so, dass die Maxime deines Handelns Kindheit verbessert.
Die Entwicklung von Kindern –
sie ist und bleibt ein Wunder:
in ihrer Gesamtheit einerseits und in ihren einzelnen Aspekten andererseits;
in ihrer Fokussierung einerseits und ihrer Weite andererseits;
in ihrer Betonung des Individuellen einerseits und ihrer Einbettung in kulturelle und gesellschaftliche Dimensionen andererseits;
in ihrer Vulnerabilität einerseits und ihrer Robustheit andererseits
… wir könnten die gedankliche Liste von Begriffspaaren, Begriffspolen und Thesen und Anti-Thesen ins Unendliche weiterführen, wir tun es nicht.
Wir freuen uns an einer der stärksten Einsichten in humane Entwicklung – die Anerkennung ihrer Variabilität und Diversität.
Neuropädiatrie ist ein herausfordernd umfassendes Schwerpunktfach, ein ganzer Fächerkanon, hier ausgewählt, beispielhaft, weit von Vollständigkeit entfernt:
Epileptologie, Bewegungsstörungen, Neuromuskuläre Erkrankungen, Schmerzen mit Betonung der Kopfschmerzen, Entwicklungsneurologie, Syndromologie, Traumatologie, Neonatale Neurologie, Neuro-Onkologie, Neuro-Intensivmedizin, Neuro-Metabolik, Neuro-Reha, Neuro-Palliativ, Neuro-Bildgebung, Neuro-Genetik, …
akut mit Notfällen wie Stroke und Status epilepticus, | chronisch mit komplex chronischen Erkrankungen und genetischen Syndromen, |
rehabilitativ wie Nach-einem-Beinahe-Ertrinken, | palliativ wie bei progredienten neurodegenerativen Erkrankungen, |
nachsorgend für frühgeborene Kinder, für Kinder mit Hirntumoren, für Kinderschutzmedizin, … | vorsorgend für Verhalten bei Epilepsien, Sport und Bewegungsberatung |
häufig wie Kopfschmerzen und Schädel-Hirn-Traumata, | selten wie eine PRRT2 Mutation als Ursache einer paroxysmalen kinesiogenen Dyskinesie, eine SCN1A Mutation als Ursache eines Dravet-Syndromes oder eine ATP1A2 Mutation als Ursache einer hemiplegischen Migräne |
ultra-selten wie eine Borna-Virus-Infektion oder eine DNM1L Mutation einer epileptischen Enzephalopathie | |
interventionell wie Botulinumtoxin, Epilepsiechirurgie, Stent-Retriever und Tiefenhirnstimulation | konservativ wie die Nutraceuticals Magnesium oder Melatonin |
innovativ wie Digital Science, Künstliche Intelligenz, Neurostimulation, Robotics und serious gaming | traditionell wie das Beobachten, der Verlauf, das In-Ruhe-Besprechen |
revolutionär wie die Gentherapie bei SMA | evolutionär wie die differenzierte klinische Untersuchung |
komplex wie die Biologika bei Multipler Sklerose | einfach wie der einfache Fieberkrampf |
neu wie Cenobamat, Fenfluramin und Gepante | alt-bewährt wie ketogene Diät und Lamotrigin |
herausfordernd wie die schwere Störung exekutiver Funktionen bei einem Jugendlichen mit FASD | beruhigend wie der gesunde Outcome, die restitutio ad integrum der rechtzeitig erkannten und behandelten Meningitis auf Intensiv |
früh wie das Screening auf SMA und die Stammzelltherapie des Neonatal Stroke | mit Jahrhunderttradition wie Brom und Phenobarbital |
Alle neuropädiatrischen Erkrankungen verstehen wir bio-psycho-sozial, sperriger Begriff für unser unverzichtbares Grundverständnis.
Das Gehirn ist und bleibt der Schlüssel, der Schlüssel zum Menschen, der Schlüssel zur Entwicklung, der Schlüssel – unser Schlüssel – zum Kind.
Natürlich ist mit dem Gehirn noch nicht das ganze Nervensystem gefasst, natürlich sind Spinalmark, Nerven, Muskeln und das vegetative Nervensystem richtig, wichtig, unverzichtbar, natürlich ist Gehirn kein Individuum.
Auf einen Begriff gebracht bleibt es aber – das Gehirn
Wenn die eine Seite der Medaille die Krankheit ist, dann ist die andere Seite der Medaille die Gesundheit.
Es gilt sie zu verstehen (wie durch wissenschaftliche Studien), es gilt sie zu fördern (wie durch Ernährung, Schlaf und Bewegung), es gilt sie zu schützen (wie durch richtiges Verhalten mit Helmtragen bei Fahrrad und Ski) und es gilt, sie in der Transition in die Hände der Erwachsenenmedizin zu geben.
Es gilt Gesundheit auch global zu denken: gerecht, sozial-gerecht, gender-gerecht, umweltgerecht, klima-gerecht.
Die Gesellschaft für Neuropädiatrie ist eine wissenschaftliche Gesellschaft.
Der Anspruch der Wissenschaft an Ideen, ihre Überprüfung, ihre Offenheit, ihre Internationalität, ihre intrinsische Motivation und ihre Diskurs- und Kritikfähigkeit – dafür stehen wir.
Ihr Dreisatz von discover – develop – apply ist Grundmotto dessen, was neuropädiatrische Wissenschaft kann: stark im Team zu den Neurowissenschaften, stark zu den Grundlagen, stark zu klinischer- und Versorgungsforschung, ein starker und nachhaltiger Impulsgeber in die großen Fächer Pädiatrie und Neurologie.